Theatergemeinde München
Kulturvielfalt zum ermäßigten Preis
Theatergemeinde München
Kulturvielfalt zum ermäßigten Preis
Im Januar wird es bayerisch und düster an Münchens großen Schauspielhäusern: Am Residenztheater bringt Hausregisseurin Julia Hölscher Marieluise Fleißers Tragikomödie „Der starke Stamm“ auf die Bühne und Ulrich Rasches Basler „Woyzeck“-Inszenierung feiert ihre Münchner Premiere. An den Kammerspielen inszeniert der erfolgreiche Hausregisseur Christoph Rüping („Trommeln in der Nacht“, „Dionysos Stadt“) mit „Im Dickicht der Städte“ ein weiteres frühes genialisch-wildes Brecht-Stück. Und am Volkstheater wird das Schauspiel „Am Wiesnrand“ uraufgeführt, in dem sich die Wiener Autorin Stefanie Sargnagel dem Oktoberfest widmet. Am Gärtnerplatztheater bringt Herbert Föttinger mit Verdis „Rigoletto“ ein klassische Tragödie der Opernliteratur auf die Bühne.
Der starke Stamm
Schauspiel von Marieluise Fleißer
Inszenierung: Julia Hölscher
Premiere am 23. Januar
Mit drei Inszenierungen will Intendant Andreas Beck seiner neuen bayerischen Heimat und deren kritischen Autoren Tribut zollen: Den Anfang macht Marieluise Fleißer, gefolgt von Franz Xaver Kroetz und Georg Ringsgwandl. In ihrem herben Volksstück „Der starke Stamm“ beschreibt die Dichterin aus Ingolstadt die soziale Kälte der Nachkriegszeit, die vom Kampf um wirtschaftlichen Aufstieg und um damit erhofftes Glück geprägt ist, ohne Rücksicht auf Verluste. So auch im Haus des Sattlermeisters Bitterwolf, in dem sich nach dem Tod der Ehefrau die Sippe zum Leichenschmaus versammelt, allerdings weniger um zu trauern, als sich vielmehr um den überschaubaren Nachlass der Verstorbenen zu streiten. Besonders Schwägerin Balbina möchte endlich zu Wohlstand und Ansehen kommen. Die Erbschaftskomödie – wie stets bei Fleißer in einem Kunst-Bayerisch geschrieben – wurde 1950 erstmals an den Kammerspielen unter der Regie von Hans Schweikart gezeigt. Nun inszeniert Resi-Hausregisseurin Julia Hölscher, deren „Amphitryon“ vom Münchner Publikum jüngst begeistert aufgenommen wurde. sis
Woyzeck
Schauspiel von Georg Büchner
Inszenierung: Ulrich Rasche
Premiere am 31. Januar 2010
Dauer: 3 Stunden 15 Minuten, eine Pause
Wenn die Liebe, die Sexualität und die Angst bei ihm durchbrechen, kann Woyzeck (Nicola Mastroberardino), der gute Kerl vom unteren Prekariatsrand der Gesellschaft, nicht mit Empathie oder Verständnis rechnen. Als Marie (Franziska Hackl), der Lichtpunkt in seinem miesen Leben, einem hübschen Typen verfällt, rastet der dauergedemütigte Loser aus. Geschurigelt und im Nebenerwerb als medizinischer Laboraffe missbraucht, ist er ohne Chance auf ein bisschen Glück und Selbstbestimmung. Büchner zeigt: Die Verrohung der Gesellschaft, an der alle teilhaben und leiden, beginnt in der Sprache. Beim sprachlosen Woyzeck kulminiert die erlittene Gewalt in einer blutigen Tat – ausgerechnet gegen diejenige, die ihm die Liebste und selbst ein Opfer ist. Ulrich Rasche („Die Räuber“, „Elektra“) machte mit seinen mitreißenden Bühnenmaschinerien und Chor-Projekten Furore. Die Baseler Inszenierung war beim Theatertreffen 2018 eingeladen. avs
Im Dickicht der Städte
Schauspiel von Bertolt Brecht
Inszenierung: Christopher Rüping
Premiere am 25. Januar 2020
Christopher Rüping, Hausregisseur der Kammerspiele, ist vielfach preisgekrönt: Für Brechts „Trommeln in der Nacht“ wurde er zum Berliner Theatertreffen eingeladen, auch mit seinem zehnstündigen Spektakel „Dionysos Stadt“ fuhr er nach Berlin, gewann zudem den österreichischen „Nestroy“ für die beste deutschsprachige Aufführung und wurde für die beste Inszenierung des Jahres von „Theater heute“ ausgezeichnet. Die Erwartungen sind also hoch, wenn er sich nun wieder einem frühen Brecht zuwendet, dem 1921 entstandenen und dann nochmals überarbeiteten, als genialisch-wild geltenden Stück „Im Dickicht der Städte“, das eigentlich ein Kampf ist, einfach so, ohne Motiv. Der Holzhändler Shlink sucht einen Gegner, den er in George Garga, dem Angestellten einer Leihbibliothek findet. Die beiden setzen grundlos alles aufs Spiel: Beruf, Familie, Freunde, Liebe – und ihr Leben. Als Garga siegt und die „Partnerschaft der Feindschaft“ (Theaterexperte Georg Hensel) endet, ist er allein, hat einen sinnlosen Kampf gegen die Einsamkeit geführt. Das nächste Glanzlicht hoffentlich! sis
Am Wiesnrand
Schauspiel von Stefanie Sargnagel
Inszenierung: Christina Tscharyiski
Uraufführung am 30. Januar 2020
Das Oktoberfest hatte schon immer etwas Theatralisches an sich: Wo sonst wird der Rausch in aller Trachtenpracht, aber auch in all seinem Horror (Stichwort: Kotzhügel) in Szene gesetzt? Für die preisgekrönte Wiener Autorin Stefanie Sargnagel, die mit ihren satirischen Texten zunächst im Internet, dann auch in Buchform Furore machte, mag dieses alljährliche Münchner Feier-Biotop einen ordentlichen Kulturschock geboten haben. Dennoch hat sie sich wagemutig zehn Tage lang ins bunte Treiben gestürzt, um teils schon in den Nächten an einem Text zu feilen, der nun im Volkstheater unter dem Titel „Am Wiesnrand“ uraufgeführt wird. Zu erwarten ist ein kulturkritisches, feministisches Stück, aber vielleicht hat Sargnagel sich ja auch ein bisserl verführen lassen... Für die Erstaufführung ist jedenfalls Christina Tscharyiski verantwortlich, die bereits ein Konglomerat von Sargnagel-Texten auf die Bühne brachte: „Ja eh! – Beisl, Bier und Bachmannpreis“ gewann den Publikumspreis beim Radikal jung Festival 2018. Bier wird es bei der Wiesn-Show wohl auch geben. Na dann mal: Prost! mst
Rigoletto
Oper von Giuseppe Verdi
Inszenierung: Herbert Föttinger
Premiere am 30. Januar 2020
Unbeschwert besingt der Herzog von Mantua die Wankelmütigkeit der Frauen in der berühmten Arie „La donna è mobile“, während sein Hofnarr Rigoletto verbissen um die Reinheit und Würde seiner geliebten Tochter Gilda bangt – das ist einer der Momente der mitreißenden Oper, in denen die Spannung zwischen der leichtlebigen, üppigen Welt des Hofes und der Verletzlichkeit des verwachsenen, zynischen Außenseiters Rigoletto die nahende Katastrophe erahnen lässt. Zu der berührenden Handlung nach der Vorlage eines Romans von Victor Hugo, in der der Rächer zum grausam Gerächten wird, hat Giuseppe Verdi eine Musik komponiert, die in ihrer Intensität alle Emotionen wiedergeben kann. Dieses vom Publikum seit mehr als 150 Jahren geliebte Werk der Opernliteratur wird von Herbert Föttinger inszeniert, der sich als Schauspieler, Regisseur und Direktor des Wiener Theaters an der Josefstadt langjährig profiliert hat. Ensemble und Orchester des Hauses am Gärtnerplatz haben erneut Gelegenheit, ihr hohes musikalisches Niveau zu beweisen. sl
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