Theatergemeinde München
Kulturvielfalt zum ermäßigten Preis
Theatergemeinde München
Kulturvielfalt zum ermäßigten Preis
Um zwischenmenschliche Gefühle in problematischen Konstellationen geht es in den großen Premieren des Monats November. Im Kindertheaterstück „Ronja Räubertochter“ am Residenztheater werden die Kinder zweier Erzfeinde beste Freunde. Und in Kleists Komödie „Amphitryon“, das auch am Residenztheater Premiere feiert, schlüpft Göttervater Jupiter in die Rolle des Titelhelden, um dessen Frau zu verführen. An den Kammerspielen thematisiert „Die Räuberinnen“ (nach Schillers „Die Räuber“) das menschliche Buhlen um Anerkennung. Eugene O‘Neills Stück „Der haarige Affe“, das am Volkstheater Premiere feiert, erzählt von einem Schiffsheizer, der gegen die bestehenden Machtverhältnisse aufbegehrt.
Und die beiden Musiktheaterpremieren bewegen sich um Liebe, Leidenschaft und Tod: Das Gärtnerplatztheater bringt Puccinis „Tosca“ neu auf die Bühne, die Bayerische Staatsoper Erich Wolfgang Korngolds „Die tote Stadt.
Ronja Räubertochter
Schauspiel nach dem Roman von Astrid Lindgren
Inszenierung: Daniela Kranz
Empfohlen für Kinder ab 6 Jahren
Premiere am 16. November 2019
Geboren in einer Gewitternacht, lässt die kleine Ronja die gestandene Räuberbande rund um ihren Vater, Häuptling Mattis, für kurze Zeit das Räubergeschäft vergessen. Selbst der Blitz, der ihr Zuhause, die Mattisburg, von nun an durch den unüberwindbaren Höllenschlund in zwei Teile spaltet, kann der Euphorie nichts anhaben. Schnell vergehen die Jahre. Es zieht Ronja in den Mattiswald, der bevölkert ist von Füchsen, Bären, aber auch den Wesen des unheimlichen Dunkelvolks: die hinterhältigen Graugnome und Dunkeltrolle. Und dann trifft Ronja auf Birk, Sohn des Erzfeindes Räuberhäuptling Borka, der auch noch mitsamt seiner Bande in die Nordseite der Burg eingezogen ist. Heimlich schließen die beiden Freundschaft und entdecken gemeinsam die aufregende Welt der Natur.
In der Dramatisierung von Astrid Lindgrens Kinderbuchklassiker führt der weise alte Räuber Glatzen-Per als Erzähler durch die Abenteuer von Ronja, Birk und der Räuberbande – eine Geschichte über Toleranz, Emanzipation, den Zauber unbekannter Welten und die erste Liebe. Daniela Kranz, Leiterin des neuen Resi für alle, öffnet mit einer partizipativen Form die Türen des Theaters. Zusammen mit Schauspielerinnen und Schauspielern und darstellerisch Interessierten, die mitwirken wollen, erschafft sie spielerisch die zauberhafte Welt von „Ronja Räubertochter“.
Amphitryon
Schauspiel von Heinrich von Kleist nach Molière
Inszenierung: Julia Hölscher
Premiere: 21. November 2019
Auf unser Gefühl ist Verlass, auch wenn sonst alles zu wanken scheint. Von wegen, meint Kleist, der sprachmächtige Psychologe, und beweist es mit dem witzig-tiefgründigen Verwirrspiel um Amphitryon (altgriechisch: „der doppelt Geplagte“). Thebens Feldherr (Florian von Manteuffel) weilt noch fern der Heimat im Krieg gegen Athen. Jupiter, die berüchtigte Gottheit im sexuellen Notstand, stülpt sich Amphitryons menschliche Heldengestalt über und lockt so die treue Ehefrau Alkmene (Pia Händler) ins Bett. Das Ergebnis ist der Halbgott Herkules. Alkmene merkt nichts, vertraut auf ihr „unfehlbares“ Gefühl. Der Heimkehrer Amphitryon aber weiß nicht mehr, wer er ist. Wo ist die sichere Identität geblieben? Was weiß der Mensch schon, wenn Gefühl und Selbstwahrnehmung trügen? Gibt es noch Liebe und Treue, oder nur noch Lust und Täuschung? Julia Hölschers Inszenierung wird aus Basel übernommen – passend zum Thema der Spielzeit: „Was ist der Mensch?“ asv
Die Räuberinnen
Schauspiel nach Friedrich Schiller
Inszenierung: Leonie Böhm
Premiere am 23. November 2019
Einen jungen Zugriff auf den alten Schiller, genauer auf seine gern gespielten „Räuber“, verspricht die Inszenierung von Leonie Böhm. Das drückt schon der Titel aus: Räuberinnen diesmal, dargestellt von vier Frauen aus der Erfolgsriege der Kammerspiele wie Julia Riedler und Gro Swantje Kohlhof, die soeben von „Theater heute“ als „Nachwuchsschauspielerin des Jahres“ ausgezeichnet wurde. Die Regisseurin will, dass wir die „Karls und Franze in uns“ befreien und nach einer anderen sozialen Utopie suchen. Denn was haben Karl, der hübsche, geliebte Erstgeborene, und Franz, sein hässlicher, intriganter Bruder, gemeinsam? Beide buhlen um die Anerkennung ihres Vaters, ringen um sein Verständnis und seine Gunst. Väter stehen, so Böhm, für ein „altes Prinzip“, einen „vergangenen Wertekodex“, auch für „das Publikum“ oder einen „internalisierten Kritiker“. Nur wenn man sich von diesen Instanzen unabhängig mache, finde man zu einem besseren Miteinander. Im Stück „Yung Faust“ für Kammer 2 bewies Böhm überzeugend ihr Talent, sich von alten Formen zu lösen – also auf zu den „Räuberinnen! sis
Der haarige Affe
Schauspiel von Eugene O‘Neill
Inszenierung: Abdullah Kenan Karaca
Premiere am 28. November 2019
Die Welt hat was von einem Ozeandampfer: Oben sonnen sich die Wohlhabenden am Pool in der Sonne, im Mittelbau wuselt die Schiffscrew herum und bemüht sich um den Fortgang der Reise, und unten in den Katakomben schuften die Armen. So ähnlich hat sich das Eugene O’Neill gedacht, als er 1921 „Der haarige Affe“ schrieb. Der US-amerikanische Dramatiker, der selbst als Matrose die Ozeane bereist hatte und später mit Stücken wie „Eines langen Tages Reise in die Nacht“ berühmt werden sollte, beschäftigt sich in diesem Frühwerk mit Klassenkonflikten, die uns gar nicht so fern liegen. Eine Millionärstochter spickt in den Kesselraum eines Luxus-Schiffs und entdeckt dort Yank, einen kräftigen Heizer. Durch den Blick der Reichen wird sich Yank seiner eigenen misslichen Lage bewusst und beginnt eine Odyssee des Aufbegehrens, die ihn bis in die New Yorker Fifth Avenue führt. 2018 hat Frank Castorf diesen Stoff in Hamburg inszeniert; in München lässt nun Volkstheater-Hausregisseur Abdullah Kenan Karaca den „haarigen Affen“ auf die höhere Gesellschaft los, mit Jonathan Müller als Yank. mst
Tosca
Oper von Giacomo Puccini
Musikalische Leitung: Anthony Bramall / Howard Arman
Inszenierung: Stefano Poda
Premiere am 14. November 2019
Polit-Thriller, Liebesdrama, Tragödie der Machtgier und Rachsucht – alles ist in diesem um 1900 entstandenen Werk Puccinis enthalten: Der Maler Cavaradossi deckt einen politischen Häftling, der Polizeichef Scarpia nimmt den Maler als Geisel in Haft, um nicht nur den Flüchtling zu finden, sondern auch die Geliebte Cavaradossis, die Operndiva Floria Tosca, um diese für sich zu gewinnen. Es beginnt ein grausames Spiel um Macht und Liebe, das für alle Drei tödlich endet. So spannungsgeladen die Handlung ist, so emotionsreich ist die Musik. Arien wie „Vissi d’arte“ oder „E lucevan le stelle“ sind ausgesprochene Hits. Die Gärtnerplatz-Erstaufführung wird in Szene gesetzt von Stefano Poda, der weltweit dafür bekannt ist, dass er durch die Personalunion von Regisseur, Bühnen- und Kostümbildner, Lichtdesigner und Choreograph seinen Inszenierungen eine gesamtkünstlerische Prägung verleiht. Die ästhetische Einheit der Regiearbeit wird musikalisch komplettiert durch hervorragende Sänger und dem Orchester des Staatstheaters unter der Leitung von Chefdirigent Anthony Bramall. s.l.
Die tote Stadt
Oper von Erich Wolfgang Korngold
Musikalische Leitung: Kirill Petrenko
Inszenierung: Simon Stone
Premiere am 18. November 2019
Paul, der vom Tod seiner Frau Marie traumatisiert ist, hat Marietta kennenlernt, die der Gestorbenen fast aufs Haar gleicht und beginnt eine Affäre. Doch das Jenseits greift mit Macht auf das Diesseits über, bis es zum Mord Pauls an Marietta kommt, die ihn nicht teilen will mit einer anderen Frau. Doch das Ganze war nur der Albtraum des vor Schmerz fast wahnsinnig gewordenen Mannes. Er hat ihn gelehrt, das Vergangene zu vergessen und die morbide, „tote“ Stadt Brügge zu verlassen.
Erich Wolfgang Korngolds bis heute bekannteste und erfolgreichste Oper klingt mal sentimental, mal parodistisch operettenhaft, dann wieder sehr modern psychoanalytisch, aber immer musikalisch überbordend. Regie-Shooting-Star Simon Stone, der zuletzt mit „Lear und „Medée“ bei den Salzburger Festspielen Furore machte, führt Regie bei der ersten Neuinszenierung der Oper „Die tote Stadt“ am Nationaltheater seit 1955. klk
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